"Culture eats Strategy for Breakfast" - und nun?
Wer die zahllosen Studien und Berichte zu Unternehmenstransformationen aus Wissenschaft und (Beratungs-)Praxis liest, erfährt viel über die Bedeutung der Unternehmenskultur als einem differenzierenden Faktor hinsichtlich erfolgreicher bzw. weniger erfolgreicher Transformationen. Der einleitende Satz, gemeinhin Peter Drucker zugeschrieben, pointiert die Relevanz der Kultur. Aber reicht es aus, die Kultur „zu betonen“? (Und wie) kann „Kultur“ operationalisiert und in den Kontext anderer relevanter Gestaltungsdimensionen gestellt werden?
Aus unserer Sicht sind es die folgenden Leitfragen, die es für die Kontext-Analyse sowie das Design von Transformation eines Unternehmens zu klären gilt:
- Wie lassen sich Unternehmensstrategien insoweit konkretisieren, dass sie im Hinblick auf die tatsächliche Umsetzung „belastbar“ sind (Business Case, Machbarkeit, Leistbarkeit)?
- Mit welchen Methoden lassen sich Unternehmen bzw. die jeweils relevanten Ausschnitte beschreiben und die in ökonomischer Hinsicht vernünftigen Veränderungsbedarfe konkretisieren?
- Welche Gestaltungsdimensionen sind im Hinblick auf die Transformation zu berücksichtigen?
- Wie lässt sich eine kluge Balance in der Berücksichtigung der relevanten Dimensionen herleiten (angemessene Komplexität)?
- Welche Rollen, Skills und Kompetenzen sowie Kapazitäten werden benötigt, um die Transformation angemessen zu beraten (externe Beistellleistung) bzw. durchzuführen (unternehmensinterne Beistellleistung)?
- Welche Governance wird benötigt, um die Transformation angemessen zu steuern und das Potenzial des Business Case zu heben?
An dieser Stelle soll nur auf einige Aspekte dieser Leitfrage eingegangen werden.
Zunächst gilt es, die aktuelle Positionierung des Unternehmens und das damit verbundene Geschäftsmodell zu verstehen. Im Hinblick auf die Beschreibung des jeweils relevanten Transformationskontext bietet sich aus unserer Sicht die Nutzung eines Capability-getriebenen Ansatzes an. Eine Capability ist eine Fähigkeit oder Fertigkeit, die zur Umsetzung des Geschäftsmodells erforderlich ist. Als Fähigkeit wird hier das Vermögen verstanden, eine bestimmte Tätigkeit auszuüben, d.h. der Hauptaspekt einer Capability ist ihre funktionale / aktive / ausführende Natur. Capabilities beziehen sich oftmals auf einen fachlichen Kontext, der diese differenziert und sich auch direkt im Namen wiederfindet, z.B. Produktionslogistik, Absatzlogistik. Ebenso beziehen sich Capabilities oftmals auf Geschäftsobjekte, was sich ebenfalls im Namen widerspiegelt, z.B. Auftragsmanagement, Kundenstammdatenverwaltung. Eine Capability als solche beschreibt das „was“, also immer den funktionalen Aspekt. Weitere Aspekte, die das „wie“ beschreiben, werden stets als zusätzliche Angabe im Sinne einer Ausprägung betrachtet, jedoch nicht als (unveränderlicher) Bestandteil der Capability. Die Wahl der modellierten bzw. betrachteten Ebenen hängt vom Anwendungsfall ab.
Das „wie“ wird durch die folgenden sechs Gestaltungsdimensionen beschrieben, die entsprechend unserer Erfahrung relevant für jede Transformation sind:
- Ablauforganisation
- Information
- Kultur
- Systeme
- Steuerung
- Aufbauorganisation
Des Weiteren betrachten wir noch eine weitere, herausgestellte Dimension: den Zielekanon als wichtigste Übersetzungselement, um zielgenauer strategische Positionierungsziele eines Unternehmens mit konkreten qualitativen und quantitativen Wertbeiträgen von Capabilities zu unterlegen und das „wie“ zu leiten. Damit wird sichergestellt, dass beim Business Design Angemessenheit und Relevanz für das konkrete Unternehmen im Fokus steht und nicht die Umsetzung agnostischer Referenzmodelle.
Wie erfolgt die Anwendung von Capabilities und deren Gestaltungsdimensionen?
Dabei werden zunächst je nach Anwendungsfall und Relevanz die betroffenen Capabilities hinsichtlich der Gestaltungsdimensionen beschrieben (Analyse). Dann werden Handlungsbedarfe identifiziert. Diese entsprechen der Summe aller identifizierten Veränderungspotentiale im Vorfeld einer Priorisierung; dabei sind folgende Quellen für die Ermittlung von Veränderungspotentialen einzubeziehen:
- „Schmerzpunkte“ und operationelle Risiken im bestehenden Geschäftsmodell,
- Effektivitäts- und Effizienzlücken,
- Bebauungslücken und nicht genutzte technologische Optionen.
Der Handlungsbedarf wird i.d.R. qualitativ beschrieben; im Verlauf der Priorisierung und Konkretisierung folgt auch die hinreichende quantitative Beschreibung.
Der Handlungsbedarf ist Ausgangsbasis für das Scoping der Handlungsfelder. Hierfür werden die Handlungsbedarfe zu strategischen Optionen gruppiert, die alternativ und/oder additiv zur Realisierung der strategischen Ziele beitragen. Im Rahmen des Scoping werden diese im Hinblick auf den übergeordneten Business Case qualitativ und quantitativ bewertet, in eine Roadmap überführt und (je nach „Mächtigkeit“ der Handlungsfelder) in einem Programm/Projekt strukturiert.